Aufgrund der durch die in den N.N. bereits erwähnten Umbaumaßnahmen in der bisherigen Gelderner Blues – Location „Gasoline Blues Club“ in der Dieselstraße fand am 07 / 09 / 24 das erste Blues – Konzert des Culturkreises in der künftigen Heimatadresse des „Joker Rock & Blues Clubs“ in den Lindenstuben statt. Das Publikumsinteresse war nach wie vor recht intensiv, es war keinerlei Schwund bei den Eintrittszahlen festzustellen, aufgrund der höheren Kapazität im „Joker“ konnte die Zahl der Blues – Gäste sogar leicht gesteigert werden.
Die beiden Konzerthälften waren sehr unterschiedlich geprägt, auf der einen Seite stand eine blutjunge niederländische Blues – Rock Band, die sich aber aufgrund ihrer bisher 3 – jährigen Tätigkeit mit Auslandstourneen in Deutschland, Belgien und Großbritannien und intensiver Bühnenpräsenz in
ihrem Heimatland schon ein enormes Ausmaß von Routine zugelegt hat. Die Tatsache, dass alle 3 Musiker dieses Trios Musikstudenten sind, hat sich zusätzlich enorm positiv auf ihre technischen Qualitäten ausgewirkt.
Die zweite Konzerthälfte wurde durch das routinierte Blues Quartett „Big Daddy Wilson“ bestritten, dem der Sänger und Frontman den Namen verliehen hat. Es handelt sich hier also nicht um einen Solisten, wie man anhand des Bandnamens zunächst glauben möchte, sondern um ein Quartett, was durch die 3 italienischen Instrumentalisten vervollständigt wird. Die Zusammensetzung dieses Quartetts ist schon sehr ungewöhnlich : Daddy Wilson ist ein Amerikaner aus North Carolina, der schon seit über 10 Jahren in Bremen lebt, Cesare Nolli an der Lead Guitar und Nik Taccori an den Drums stammen aus Mailand, und Paolo Legramandi, der Bassist, ist in Bergamo zu hause. Ausserdem zeichnet dieses Quartett aus, dass es zu den wenigen „Wiederholungstätern“ in der Geschichte des Culturkreises gehört, denn in 2019 – im Gasoline Club also – traten sie zum ersten Mal in Geldern auf.
Die „Meryn Bevelander Band“ ist stark am Blues Rock orientiert, trotz seines jugendlichen Alters ( 21 ) hat Bandleader Meryn schon jede Menge Songs komponiert und getextet, dass es locker dazu reicht, 60 Minuten auf der Bühne zu füllen. Er übernimmt den alleinigen Gesangspart und spielt eine unglaublich variantenreiche Lead Guitar. In seinem älteren Bruder Florian ( 24 ) hat er einen kongenialen Partner am Schlagzeug, und das Feuerwerk, das Bassgitarrist Kevin Clarence ( 23 ) entfachte, riß das Publikum mehrfach zu spontanem Sonderapplaus hin. Meryn und Florian stammen aus Nijmegen, Kevin aus Utrecht. Die einzigen Ausnahmen, die das niederländische Trio in Bezug auf Eigenkompositionen zuließ, bezogen sich auf ihre Idole Gary Moore („Walking By Myself“) und Joe Bonamassa („The Ballad of John Henry“). Als kleinen Showeffekt hatte Meryn die Idee, im letzten Stück („Help Me“) mit der Gitarre auf dem Rücken spielend, eine Runde durch das dicht gedrängte Publikum zu drehen, was ihm auch noch einen begeisterten Szenenapplaus einbrachte. Wir können uns durchaus vorstellen, dass diese Band in wenigen Jahren unser „mainact“ werden wird, wenn sie dann hoffentlich noch zu bezahlen sind.
"Big Daddy Wilson“ spielen schon über 15 Jahre in der gleichen Besetzung, könnten also als „alte Bühnenhasen“ gelten, und sind der Soul Music viel enger verpflichtet als dem Blues Rock. In ihrer „play list“ findet man 3 Fünfer Blocks aus ihren letzten 3 Alben, die allesamt in die fünf Jahre nach ihrem ersten Auftritt in Geldern passen, also waren diese Stücke auch für die meisten Zuschauer neu. Es handelt sich hierbei um „Deep In My Soul“ von 2019, „Hard Time Blues“ von 2021 und auch die allerneuesten von „Plan B“ aus dem in diesem Jahr veröffentlichten Album fanden ihren Weg in die „playlist“.
Für ihre ungewöhnlich lang gestaltete Zugabe hatten sie sich eine raffinierte Idee einfallen lassen : den Rahmen gab „Country Boy“ ab, ein Song von Daddy Wilson, dessen Rhythmus den ganzen Rest der Zugabe bestimmte, unterbrochen durch Reminiszenzen an Musiker, die für den Geschmack der Band relevant sind : Solomon Burke ( „Cry To Me“ ), Temptations („My Girl“), Ben E. King („Stand By Me“ ), Marvin Gaye („I Heard It Through The Grapevine“), Otis Redding („Dock Of the Bay“). Zur Auflockerung dieses starken Soul – Blocks streuten sie zwischendurch noch einen Reggae ein :
„Train“ von Peter Tosh . Den Abschluss dieser extrem langen Zugabe bildete dann wieder eine Eigenkomposition : „Baby Don't Cry“. Nach fast 120 Minuten Big Daddy Wilson kam dann auch der bisher wohl längste Einzelauftritt einer Band beim Culturkreis zum seinem wohl verdienten Ende. Allerdings : die drei Italiener ohne ihren Frontmann setzten dann immer noch ein kleines Häppchen drauf : ein akustisches a – cappella Ständchen ohne Verstärker, was beim Publikum auch noch eine begeisterte Reaktion fand.
Text: Stefan Perry